Stellen Sie die Weichen, bevor Stress aufkommt!

Tausende von Familienbetrieben müssen jedes Jahr aufgeben, weil die Inhaber ihre Nachfolge zu spät, halbherzig oder emotional regeln. Nicht selten gerät dann das Lebenswerk unter die Räder. Wer sich nicht richtig auf Übernahmegespräche vorbereitet, gerät in Verhandlungen mit Käufern oder Pächtern unter Druck und fällt falsche Entscheidungen. Wie lässt sich das verhindern? Personal- und Unternehmensberater Albrecht von Bonin gibt wertvolle Tipps.

In der deutschen Hotellerie liegen zwischen 80 und 90 Prozent der Betriebe in Familienhand. Ein Bruchteil davon erreicht die zweite, unter zehn Prozent die dritte und vierte Generation. Kritischer Moment ist die Altersnachfolge. Die Gründe dafür sind stets die gleichen: zu spät, fehlende Strategie und Emotionalität verhindern die sachliche Analyse; externer Expertenrat wird aus Kostengründen abgelehnt („Das schaffen wir schon allein“). Überraschung und Stress kommen spätestens dann auf, wenn die kreditierende Bank nervös reagiert und unbequeme Fragen stellt. Daher gilt der erste und wohl wichtigste Rat: Starten Sie rechtzeitig und perfekt vorbereitet!

Spätestens mit 50 sollten Familienunternehmer die Nachfolgeplanung in Angriff nehmen. Dann können alle Optionen in Ruhe geprüft und alle kritischen Hürden reibungslos und ohne Druck genommen werden. Ein Unternehmer, dem seine Endlichkeit bereits in diesem Alter bewusst ist, geht entspannter mit dem Gedanken an Übergabe und Loslassen um. Wird das Thema verschleppt, die Nachfolgeregelung hinausgeschoben, müssen viele Betriebe in letzter Minute unter Wert verkauft oder geschlossen werden. Die Krux: Je näher der Zeitpunkt der Unternehmernachfolge rückt, umso mehr sinkt das Vertrauen der Bank, der eigenen Mitarbeiter, Verwandten oder gar Fremden als Nachfolger. Die Entscheidungssicherheit des Chefs dagegen wächst, weil keine Lösung in Sicht ist. Das produziert Druck. Und wir alle wissen: Unter Druck treffen Menschen oft die falschen Entscheidungen. Sie sind überfordert, denn es geht um die Zukunft des eigenen Unternehmens, das Lebenswerk – ja vielleicht sogar um die eigene Altersversorgung. Rechtzeitige, präzise Planung und Vorbereitung sind der Schlüssel.

Verhandeln Sie nie allein

Hilfreich ist Expertenrat: Ein Eigentümer sollte nie den Verkauf oder die Verpachtung seines Betriebes allein verhandeln. Er ist damit in der Regel emotional verbunden. Außerdem: Auf der anderen Seites des Tisches sitzen oft mehrere erfahrene Verhandlungspartner. Bei Finanzinvestoren oder Konzernen gehören solche Situationen ohnehin zum Tagesgeschäft. Wenn der Eigentümer zum Beispiel zehn Millionen Euro für seinen Betrieb verlangt, der Käufer aber nur fünf Millionen bietet, fühlt der Senior sich schnell angegriffen. In dieser emotionalen Situation wird er dann schlechte Entscheidungen treffen. Sachlicher, neutraler („cooler“) werden dagegen Berater oder Anwälte (nach vorher definierten Rahmenbedingungen) solche Verhandlungen führen – der Eigentümer sitzt natürlich als Aufsichtsperson dabei.

Am Anfang steht ein neutrales Wertgutachten

Ein Hotel ist eine sogenannte Sonderimmobilie. Kaufpreis oder Pachthöhe richten sich für gewöhnlich nach dem Ertragswert, nicht nach dem Immobilienwert. Damit der „Senior“ nicht mit falschen Erwartungen über die zu erwartende Kaufsumme oder Höhe der Pacht entscheidet, hilft ein eidesstattlicher Gutachter. Er analysiert den Betrieb in seinem aktuellen Status, ermittelt seinen Ertragswert, seine Marktposition, den eventuellen Marken- oder Bekanntheitsgrad und Entwicklungsperspektiven. Dabei spielt der Zustand der Immobilie, des Inventars etc. ebenso eine wichtige Rolle wie die betriebswirtschaftlichen Kennzahlen und die Bilanzen der letzten Jahre. Erst auf dieser Basis bekommt der Inhaber eine realistische Bewertung seines Betriebes – und damit einen Hinweis für künftige Verhandlungen mit Übernehmern.

Was ist Ihr Preis?

Bevor der Unternehmer aktiv an den Markt geht, um seinen Betrieb zur Übernahme anzubieten, sollte er sich einen „Walk away Price“ überlegen, den er mindestens für sein Hotel bekommen will. In Verhandlungen sollte dieser Preis niemals unterschritten werden. Im Zweifel ist es besser, den Verhandlungstisch zu verlassen. Die Verhandlung zu vertagen, ist kein Scheitern. Die Auszeit ist legitim. Sie dient lediglich der Neubewertung der Situation.

Verhandeln Sie auf Augenhöhe

Eigentümer sind oft in einer schwachen Position, wenn sie beispielsweise unter Zeitdruck stehen oder das Geld nicht mehr lange reicht. Doch wenn man sich vorher schon zu sehr einredet, welch schwache Position man hat, braucht man gar nicht erst zu verhandeln. Die Frage „Bin ich kleiner oder größer als mein Verhandlungspartner?“ ist daher fehl am Platz. Stattdessen sollte man stets mit dem Gefühl reingehen: „Wir sind auf Augenhöhe“.

Stellen Sie ein starkes Team auf

„Es ist leichter, mit Fremden zu verhandeln“, ist die Erfahrung von Verhandlungsprofis. Neutrale Berater, die das Vertrauen des Eigentümers genießen, sollten daher die Verhandlung übernehmen. Die Gesprächsergebnisse werden präzise protokolliert. Am Ende entscheidet der Eigentümer außerhalb des Verhandlungsraums über die Vorschläge – möglichst mit Leuten, die nicht bei der Verhandlung dabei waren. Da sie die Gespräche nicht mitbekommen haben, werden sie weniger emotional die Entscheidung beeinflussen.

Reden Sie zuerst mit dem Entscheider

„Willst Du meinen Betrieb haben?“ Diese Frage sollte im Vorfeld mit der letzten Entscheidungsinstanz des Kauf- oder Pachtinteressenten geklärt werden. Erst wenn sie grundsätzlich geklärt ist, sollten die Verhandlungen mit den anderen operativen Ebenen des Übernehmers starten. Sonst führen lange Verhandlungen oft zu keinem Ergebnis, weil es nicht selten an der Entscheidungskompetenz der nachgeordneten Gesprächspartner fehlt. Hierbei ist es sinnvoller, die grundsätzlichen und schwierigen Fragen gleich zu Beginn zu klären, bevor man die schnell zu erörternden Detailfragen diskutiert. Das ist zielführender und spart Zeit.

Legen Sie einen Zeitplan fest

Übernahmeverhandlungen sind keine Kaffeekränzchen. Um sie zügig und verbindlich zum Erfolg zu führen, vereinbaren beide Seiten einen Zeitplan. Schließlich könnte der Seniorunternehmer ja auch Parallelangebote vorliegen haben, die ebenfalls ein exaktes Zeitmanagement erfordern. Also gilt: „Bis Freitag brauchen wir von Ihnen die Informationen über ….“ Oder: „Bis Montag wollen wir folgende Punkte verhandelt haben“. „Bis wann werden Sie eine Entscheidung gefällt haben?“ etc. Verbindlichkeit zählt – für beide Verhandlungspartner. Sie signalisiert auch die Ernsthaftigkeit der Verhandlungsstrategie.

Fühlen Sie sich nie als Sieger

Zugegeben, Win-Win-Ergebnisse sind bei Übernahmen selten. Dennoch gilt: Egal, wie die Verhandlung ausgeht – man sollte sich nie als der überlegene Gewinner fühlen oder präsentieren. „Lächeln oder ein verschmitztes Grinsen über den Sieg sind tabu, wenn der Deal unterschrieben ist“, sagen Profi-Verhandler. Freude und Erleichterung über den Vertragsabschluss gehören nicht in den Verhandlungsraum. Ebenso falsch wäre es, nach geplatzten Verhandlungen gegenseitige Schuldzuweisungen zu erheben. Man sollte sich stets die Möglichkeit für weitere Verhandlungen offenhalten, denn man trifft sich bekanntlich immer zweimal im Leben.

Der Autor

Albrecht von Bonin ist seit 1978 Personalberater mit dem Branchenschwerpunkt Hospitality Industry und gilt als Experte bei der Suche von Führungskräften. Besonders in der familiengeführten Hotellerie begleitet sein Team darüber hinaus Unternehmer bei der Altersnachfolge. Er ist Autor des Buches „MITARBEITER suchen, finden, fördern, binden“, in dem er praktikable Lösungen gegen den Fachkräftemangel anbietet.

Stellen Sie die Weichen, bevor Stress aufkommt!

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