Ältere Manager Teil 3

Wer nicht selbst handelt, wird behandelt

Seit ich 1978 meine Personalberatung gegründet habe, begegneten mir immer wieder ältere Führungskräfte, die allzu oft ein Phänomen gemeinsam hatten: zu wenig Sensibilität für die jeweils aktuelle gesamtwirtschaftliche Lage, die krisengeschüttelte Situation ihres Arbeitgebers und die Konsequenzen für die eigene Karriere.

Mir wurde klar, wie wichtig es für Führungskräfte ist, mit einem neutralen und objektiven Coach ihren beruflichen Weg in die „Herbst-Karriere“ zu entwickeln. Hier entstehen rechtzeitig neue berufliche Zukunftskonzepte – und nicht erst, wenn das Wasser bis zum Halse steht, das Damokles-Schwert über den Kandidaten schwebt und die Angst um die berufliche Zukunft sie wachrüttelt. Dabei gilt stets die Devise: Handele selbstbestimmt. Warte nicht, bis Du behandelt wirst. Während ich in den beiden ersten Folgen dieser Serie über die (1.) Situation der älteren Manager im Arbeitsmarkt, (2.) die Zieldefinition und (3.) die Strategie für das Marketing in eigener Sache gesprochen habe, werfen wir heute einen Blick auf die (4.) Maßnahmen, mit denen Sie Ihre „Herbst-Karriere“ erfolgreich gestalten können.

  1. Maßnahmen

Wenn Sie nicht zu den Ewig-Gestrigen gehören wollen, empfehle ich Ihnen als aller erste Maßnahme: Starten Sie rechtzeitig! Warten Sie nicht mit der Absicherung Ihrer Herbst-Karriere, bis die 50 Kerzen auf Ihrem Geburtstagskuchen ausgeblasen sind. Mit jedem Tag des Wartens werden Sie einen Tag älter und Ihre Ausgangsposition im Arbeitsmarkt nicht besser.

Nichts kann Sie hindern, sich sofort auf Ihre letzte Berufsperiode vorzubereiten. Aber bitte machen Sie die Rechnung nicht ohne den Wirt! Da war doch noch etwas…

 Denken Sie an Ihr Privatleben!

  1. Passt Ihr Karrierekonzept zusammen mit Ihren Lieben daheim? Haben Sie in der Familie oder Partnerschaft den Rücken frei? Zieht Ihre Frau / Ihr Mann mit bei der Realisierung Ihrer Pläne?
  2. Und die Kinder? Berufliches Engagement fordert, wem sage ich das, hohen Einsatz. Brauchen die lieben Kleinen noch permanente elterliche Präsenz oder sind sie schon erwachsen und aus dem Haus?
  3. Wie steht’s mit außerberuflichen Interessen oder Hobbies? Wer hart arbeitet, braucht Regenerationsphasen, die Körper, Geist und Seele beleben. Wer etwas Neues aufbauen will, erst recht.
  4. Ganz sicher haben Sie auch an einen privaten Finanzplan gedacht, die Altersvorsorge geregelt und gemeinsam besprochen, welchen Lebensstandard Sie sich künftig leisten wollen. Wie steht’s mit den Reserven für den Worst Case? Zum Beispiel nach einer Kündigung, wenn der nächste Job auf sich warten lässt?
  5. Na, und die Sache mit der Standortflexibilität? Kann auch ein Umzug problemlos realisiert werden? Wie steht es damit?

Wenn es keine weiteren familiären Verpflichtungen mehr gibt, dann ist die Familie fit für Ihre Herbst-Karriere. Aber all das wird ein Wunschtraum bleiben, wenn Sie sich selbst nicht fit machen für die Zukunft  „Wer rastet, der rostet“.

 Bilden Sie sich weiter

Mal ehrlich, wann haben Sie das letzte Mal ein Seminar besucht? Welches Fachbuch, welche Tageszeitung lesen Sie regelmäßig? Wie halten Sie sich über die Wirtschaft im Allgemeinen und den Markt im Besonderen auf dem

Laufenden? Setzen Sie sich wirklich ernsthaft mit innovativen Fragen der Betriebs- und Personalführung, Multimedia-Technologien und anderen wichtigen Themen auseinander? Oder sagen Sie sich, „Das ist alles kalter Kaffee, ich bin ein alter Fuchs, mir macht so schnell niemand etwas vor“. Vorsicht, wer nicht mit der Zeit geht, geht mit der Zeit! Gezielte Weiterbildung fördert die geistige Flexibilität, eröffnet neue Horizonte und Kontakte, regt an, über den Tellerrand zu schauen, sich für andere Technologien, Märkte, Unternehmen, neue Trends zu interessieren. Und das, genau das, wird von Ihnen in Zukunft mehr erwartet, denn je. Man kann zwar nichts dagegen tun, dass man altert. Aber man kann sehr wohl etwas dagegen tun, dass man veraltet.

Was für den Geist gilt, gilt ebenso für den Körper. Deshalb rate ich Ihnen:

Halten Sie sich fit!

Achten Sie auf Ihre Gesundheit! In einem gesunden Körper wohnt ein gesunder Geist. All die Gedanken über Ihre Herbst-Karriere nützen wenig, wenn jeder Arbeitstag zur Belastung wird und Sie denken: „Lieber Gott, lass es Abend werden, möglichst noch vor dem Frühstück.“ Teilen Sie jetzt Ihre Zeit rationell ein, damit Freiräume zur Erholung bleiben. Urlaub, Freizeit, Sport, Ruhephasen und der regelmäßige Bodycheck beim Arzt müssen, bei allem Engagement für den Beruf, zum festen Bestandteil Ihres Lebens werden. Niemand dankt es Ihnen, wenn Sie sich kaputtgerackert haben. Tun Sie sich selbst den Gefallen und akzeptieren Sie Ihr Alter. Kein falscher Ehrgeiz also. Übersehen Sie es einfach großzügig, wenn sich Ihre Kinder untereinander absprechen, wer den Alten das nächste Tennismatch gewinnen lässt. Lächeln Sie darüber, wenn Sie ein junger Radfahrer auf dem Fußgängerweg fast über den Haufen fährt und Sie anraunzt: „Gib acht, Opa!“ Achten Sie stattdessen lieber auf Ihr Gewicht. Konzentrieren Sie sich auf Ihre Morgengymnastik. Verzichten Sie aufs Rauchen und abends auf das eine oder andere Bier. Hauptsache, Sie fühlen sich fit und könnten Bäume ausreißen. Denn es kommt weniger darauf an, wie alt Sie sind, sondern wie gut Sie sind.

Steigern Sie Ihren Marktwert!

Ich staune immer wieder, wenn mir gestandene, langgediente Manager in Interviews gegenüber sitzen, die wirklich fachlich gut drauf sind. Geht es aber darum, sich selbst zu verkaufen, tun sich viele schwer. Woran liegt das? Ganz einfach: es ist immer leichter, ein Produkt zu verkaufen, ein Unternehmen zu repräsentieren als über sich selbst zu sprechen. Da habe ich nämlich nichts außer mir selbst, hinter dem ich mich verstecken kann. Dazu kommt, gerade gute Leute konzentrieren sich voll auf ihren Job, stehen oft jahrelang loyal zum Unternehmen im preußischen Pflichtbewusstsein und versäumen dabei, über sich selbst zu reflektieren. Ja, sie verlernen sogar, sich selbst zeitgemäß zu bewerben. Mancher wundert sich dann, wenn er plötzlich im Regen steht – völlig hilflos. Dem sollten Sie mit der 5. wichtigen Maßnahme vorbeugen: Steigern Sie Ihren Marktwert. Ich spreche nicht von Ihrem Jahresgehalt oder einer Abfindungssumme. In diesem Punkt sollten Sie sich lieber darauf einrichten, in fortgeschrittenem Alter weniger zu verdienen, als auf dem Höhepunkt Ihrer Karriere.

Lernen Sie wieder, sich selbst richtig zu verkaufen. Fragen Sie sich, was ist eigentlich mein USP, meine Unique Selling Proposition? Kommunizieren Sie überhaupt noch richtig? Oder gehören Sie schon zu den Alten, die immer zu viel sabbeln, schwadronieren, über das Gestern lamentieren und nicht mehr richtig zuhören? Beherrschen Sie zeitgemäße Bewerbungstechniken? Präsentieren Sie sich selbst eigentlich richtig? Gehen Sie richtig vorbereitet in den Bewerbungsprozess?

Ein Crashkurs für die eigene Vermarktung könnte vielleicht nicht schaden. Was Sie dort über sich und die marktgerechte Argumentation lernen, hilft Ihnen nicht nur in einem Einstellungsinterview beim nächsten Arbeitgeber. Es erleichtert Ihnen auch, sich beim derzeitigen Arbeitgeber besser zu verkaufen. Oder beim Existenzgründungsgespräch mit dem Banker, beim Verpächter, beim Investor oder in der Akquisitionsverhandlung mit einem neuen Kunden. (Ich brauche nicht zu betonen, dass es Personalberater gibt, die Ihnen das alles in einem Coaching beibringen können). Durch gezielte PR in eigener Sache tun Sie ein Weiteres, um Ihren Marktwert zu steigern. Sie machen im Unternehmen, in der Branche oder sogar darüber hinaus auf sich aufmerksam. Glänzen Sie durch Fachartikel in den Medien, halten Sie Fachvorträge, geben Sie Interviews zu brisanten Themen Ihres Fachgebietes. Aktualisieren Sie Ihren Social Media Auftritt. Denken Sie darüber nach, durch welche Heldentaten Sie die Öffentlichkeit auf sich aufmerksam machen könnten. Kurz: Werden Sie im positiven Sinne „öffentlich“.

Suchen Sie sich Promotoren

Schon mancher hat gedacht, er sei so gut, dass sich die Leute nur so um ihn reißen würden. Welch ein Irrtum! Insbesondere im fortgeschrittenen Alter. Tun Sie lieber selbst etwas dafür, dass man Sie sponsert. Kooperieren Sie, besuchen Sie Fachkongresse, übernehmen Sie Sonderaufgaben, Ehrenämter, Entwicklungsprojekte. Engagieren Sie sich für Nachwuchsförderung, als Kontaktmann oder Gastdozent für Fachhochschulen, Unis. Schreiben Sie ein Buch. Profilieren Sie sich aber auch als kompetenter Gesprächspartner für die Banken. Oder suchen Sie den Kontakt zu externen Beratern und Profis, die das Ohr am Markt haben. Sie glauben gar nicht, welchen Rückenwind Ihre Herbst-Karriere erhält, wenn Sie Meinungsbildner wie Personalchefs, Vorstände, Wirtschaftsprüfer, Banker, Journalisten, Investoren, Headhunter als Fürsprecher haben. Aber Achtung! Networking ist keine Einbahnstraße. Hoffen Sie nicht permanent auf den Goodwill anderer Leute. Da können Sie lange warten, wenn – ja wenn Sie sich für diese Zeitgenossen nicht auch mal nützlich machen und Hilfe anbieten. Eine alte Weisheit sagt: „Wer im großen Fluss schwimmen will, braucht die Krokodile zum Freund.“ Und zu guter Letzt:

Verzweifeln Sie nicht, kämpfen Sie!

Betrachten Sie Ihr fortschreitendes Alter nicht als Strafe, sondern als Herausforderung. Bleiben Sie nicht vor diesem Problem frustriert sitzen, tun Sie etwas! Nehmen Sie den Kampf auf und suchen Sie nach Ihren ganz persönlichen Lösungen. Grämen sie sich auch nicht darüber, wenn Sie eines Tages gefeuert werden. Ein Karriereknick holt einen manchmal heilsam auf den Boden der Realitäten zurück. Ich behaupte sogar: Jede gute Karriere braucht auch ihren Knick. Er ist kein Grund für Zorn, Verbitterung, Selbstmitleid, Rechtfertigung.

Es bringt auch nichts, sich enttäuscht von Gott und der Welt in den Schmollwinkel zurückzuziehen. „Wer seine erste Liebe nicht vergessen kann, heiratet auch keine neue“, sagt ein altes Sprichwort. Also blicken Sie nach vorn!

Ihr Investitionsplan

Aber was wäre Ihr SelbstMarketing, was wären all die intelligenten Maßnahmen ohne einen Investitionsplan? Machen Sie sich klar, Ihre Herbst-Karriere hat auch ihren Preis. Gemeint ist weniger das Geld, das Sie für Weiterbildung bezahlen, nicht das Kapital, das für eine Existenzgründung notwendig ist, auch nicht das Geld, das Sie vielleicht in ein Coaching investieren. Nein, von Ihnen wird ein viel größeres Investment verlangt: Zeit und Kraft, und das ausgerechnet in einer Lebensphase, in der beides schnell knapp wird, wenn man damit nicht haushält. Gefordert sind harte Arbeit, Willenskraft, Opferbereitschaft und Kraftaufwand, um den inneren Schweinehund zu überwinden. Gemeint ist die Bereitschaft, auch die nächsten Jahre der Priorität Beruf so manches unterzuordnen. Gemeint ist der 12-16 Stunden-Tag, wie in alten Zeiten, der Verzicht auf soziale Kontakte, Freunde, Bekannte. Das alles sind Investitionen, die schwerer wiegen, als Geld und deshalb sollten Sie bei Ihrer Planung Berücksichtigung finden.

Als ich mich vor über 35 Jahren selbständig gemacht hatte, dachte ich immer, wenn ich dies oder jenes geschafft habe, dann bin ich über die Runden. Heute weiß ich, das Berufsleben ist anders. Der Karren will jeden Tag von neuem weitergezogen werden. Und doch ist es ein herrliches Leben, wenn auch nur wegen ein paar Augenblicken der Genugtuung beim Blick auf das Erreichte. Habe ich nicht Recht, Alter?

 

Ältere Manager Teil 3

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