Bevor der Blitz Dich trifft

Der Erfolgsdruck hat längst die Führungsetagen der Wirtschaft erreicht. Vielversprechende Senkrecht-Starter geraten ins Stocken, mancher Manager-Stuhl wackelt. Was kann man tun, um die Apokalypse in der eigenen Karriere zu verhindern und den Schaden so gering wie möglich zu halten. Prophylaxe ist gefragt.

Wir alle kennen Beispiele genug, wo einige Häuptlinge ihren Hut nehmen mussten. Vornehme Zungen sprechen von “freisetzen” oder “das Management einer Schlankheitskur unterziehen”, böse Zungen nennen es “zur Adoption freigeben”. Eines steht fest: für die Betroffenen ist es meist ein harter Schlag – insbesondere dort, wo die Unternehmen wenig Fingerspitzengefühl und Fairness walten lassen.

Oft fragen mich Führungskräfte im Rahmen des Coachings: “Wie hätte ich ahnen können, dass Kimme und Korn auf mich gerichtet sind?” Hier mein Rat: seien Sie wachsam für die „Zeichen an der Wand“, und das gerade in harten Zeiten. Es gilt aber auch, kritisch mit sich selbst umzugehen. Mancher fühlt sich einfach zu sicher, ist stolz auf seine jahrzehntelange Erfahrung. Wie schnell entpuppt sich aber diese Lebens- und Berufserfahrung letztlich als Starrsinn und Phlegma. Eine der vielen Sünden, die wir nur so ungern zugeben, ist die Selbstgefälligkeit. “Mir kann doch nichts passieren. Die brauchen mich doch. So einen guten Mann wie mich müssen die erstmal wiederfinden.” Mancher, der dies sagte, hörte nicht mal mehr das Pfeifen der Kugel, die ihn traf und seiner Karriere ein jähes Ende bereitete. So schnell kann’s gehen. Ignoranz und Selbstüberschätzung sind unverzeihlich im Management. Achten Sie also auf Alarmsignale.

Checken Sie sich selbst.

Prüfen Sie sich und Ihre berufliche Situation:

  • Gab es in den letzten zwölf Monaten Ereignisse, die den von Ihnen verantworteten Bereich (Firma/Abteilung) in Bezug auf Personal, Umsatz, Markt, Kosten negativ beeinflusst haben? Welche Gegenmaßnahmen haben Sie ergriffen?
  • Was sind die Ziele und Herausforderungen für Ihr Unternehmen, Ihr Verantwortungsgebiet? Was wollen Sie dazu beitragen?
  • Wissen Sie, was Ihre Vorgesetzten, Mitarbeiter, Kollegen, Kunden, Lieferanten über Sie und Ihre Performance denken? Fragen Sie sie danach?
  • Welches waren Ihre letzten drei Erfolge, welches Ihre Misserfolge? Welche Erklärungen haben Sie dafür? Lügen Sie sich nicht selbst in die Tasche?
  • Was wollen Sie die nächsten drei Jahre in Ihrem Job bewirken?
  • Stimmt Ihr Karriereplan noch mit der Strategie des Unternehmens überein?
  • Was haben Sie in den letzten zwölf Monaten für Ihre Weiterbildung getan?
  • Können Sie mit ehrlicher Überzeugung von sich behaupten, Ihren Job voll motiviert zu tun?
  • Was sagen Sie Ihrem Boss, wenn er morgen mit Ihnen über Ihre berufliche Zukunft sprechen will?
  • Wann haben Sie das letzte Mal ernsthaft eine Stärken/Schwächen (SWOT)-Analyse über sich selbst durchgeführt?
  • Was ist Ihr größter Produktivwert für Ihren Arbeitgeber?
  • Sind Sie auf eine Kündigung vorbereitet? Was würden Sie tun?

Checken Sie Ihr Unternehmen.

Schauen Sie aber auch bei Ihrem Arbeitgeber hinter die Kulissen. Betrachten Sie kritisch:

  • Hat sich die Marktposition des Unternehmens negativ verändert?
  • Sind Unternehmen, Produkte, Serviceangebot noch marktgerecht?
  • Wie ist das Unternehmen finanziell aufgestellt?
  • Gab es innerhalb der letzten 12 Monate häufig Unstimmigkeiten, Intrigen oder Wechsel im Top Management?
  • Wie steht’s um das Betriebsklima und die Mitarbeiterfluktuation?
  • Welches Image genießt Ihr Arbeitgeber im Markt?
  • Können Sie die drei wesentlichen Stärken und Schwächen des Unternehmens nennen. Wie beeinflussen sie Ihr Handeln?
  • Ist die Kommunikation zwischen Ihnen und Ihrem Vorgesetzten unverändert offen und konstruktiv oder herrscht neuerdings “Schweigen im Walde”?
  • Werden genehmigte Investitionen kurzfristig ohne plausible Gründe gestrichen?
  • Was wäre, wenn Ihr derzeitiger Job in Frage gestellt würde? In welcher Funktion könnten Sie Ihrem Arbeitgeber an anderer Stelle im Unternehmen den größten Nutzen bringen?

Dieser Fragenkatalog ließe sich gewiss noch weiterführen. Wer ihn sich ehrlich beantwortet, bevor sich ein Unwetter über ihm zusammenbraut, kann rechtzeitig vor dem Platzregen den Schirm aufspannen und vorsorgen.

Für viele Manager ist der Zeitpunkt der persönlichen Standortbestimmung oft auch der Auslöser für eine intensive Karriereberatung mit einem Personalberater oder Coach ihres Vertrauens. Unabhängig von einer konkreten Wechselabsicht hilft er bei der Selbstanalyse. Als Kenner des Marktes kann er objektiv raten, wie Sie sich verhalten sollen, ob Ihre Position in Gefahr, ein Stellenwechsel momentan opportun ist, wenn ja, in welche Richtung, in welche Position. Im Sinne des “Marketing in eigener Sache” entwickelt der Berater mit Ihnen eine neue Karriere-Strategie, ggf. neue „Zielfirmen oder –Branchen“. Er macht Sie fit in zeitgemäßen Bewerbungstechniken oder erarbeitet mit Ihnen die treffsichere Argumentation für Gespräche mit Ihrem derzeitigen Arbeitgeber.

Um es gleich vorweg zu sagen: Natürlich kostet ein solches Coaching Geld – wenn es professionell ablaufen soll. Aber diese Investition hilft nicht nur bei der persönlichen Standortbestimmung, sondern sie öffnet den Blick für neue Optionen, an die Sie bisher nie zu denken gewagt hatten. Karriere Beratung ist wie ein Crash-Kurs für die eigene Vermarktung. Rechtzeitig vor dem Platzverweis kann der Rat des Experten zusätzlich noch beim sogenannten “internen Marketing”, also beim derzeitigen Arbeitgeber hilfreich sein.

Kein Grund zum Schmollen

Wenn die Kündigung aber bereits auf den Tisch liegt, bringt es nichts, vor diesem Problem frustriert sitzen zu bleiben und sich selbst leid zu tun. Hoffen Sie auch nicht auf die guten alten Freunde und all die mit persönlichen Gefälligkeiten gepflegten Beziehungen. Im Krisenfall interessiert das niemanden mehr. Nehmen Sie vielmehr den Kampf auf. Suchen Sie nach Ihrer ganz persönlichen Lösung. Ein Karriere-Knick ist noch lange kein Grund für Zorn, Verbitterung, Rechtfertigung. Ziehen Sie sich nicht enttäuscht von Gott und der Welt in den Schmollwinkel zurück. Denn – wer sich und seinen Job nicht mehr mag, der wird auch bald von anderen nicht mehr gemocht.

Also dann: immer schön wachsam bleiben!

Bevor der Blitz Dich trifft

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