Kündigung: Abschied mit Anstand

Am Ende eines Arbeitsverhältnisses zeigen Unternehmen und Führungskräfte selten Stil, Fairness und Fingerspitzengefühl. Dabei weiß doch jeder, dass die Welt ein Dorf ist!

„Es gibt keine freundlichen Kündigungen“. Der das neulich mit Verbitterung äußerte, muss es wissen. Aus seinen Worten klingt Verbitterung. Das Stühlerücken im Vorstand hatte für ihn nach langjähriger Karriere im Konzern den Jobverlust zur Konsequenz. Die Chemie mit dem neuen Vorstandsboss war wohl der Hauptgrund. Sie stimmte einfach nicht. Außerdem hatte die Nr. 1 natürlich schon einen eigenen Ersatzkandidaten im Ärmel, einen Kronprinzen, so recht nach seiner Wahl.

All das war für unseren Mann nichts Ungewöhnliches. Das passiert schon einmal. Aber die Art und Weise, wie man ihn hinauskomplimentierte, ließ ihn an den Werten seiner Company zweifeln, für die er jahrelang gekämpft hatte. Plötzlich liefen Kollegen grußlos an ihm vorbei, die sich früher nicht tief genug vor ihm verneigen konnten. Es war, als sei ein Bypass an ihm vorbeigelegt worden, um Informationen und Entscheidungen von ihm fernzuhalten. Und die HR Abteilung versuchte mit ihm in gehässiger Art um die Abfindung zu pokern, als müsse sie sie vom eigenen Geld bezahlen.

Kontaktsperre. Kaltgestellt. Abserviert. Aber viel schlimmer noch als der Versuch, zu guter Letzt mit ihm über die ihm zustehende Tantieme zu streiten, waren plötzliche Schuldzuweisungen, harsche Kritik, emotionale Attacken unter der Gürtellinie. Ja, seine Arbeit und er persönlich wurden mit Dreck beworfen. Schimpf und Schande über ihn – den ehemaligen Vorzeige-Manager mit exzellenten Arbeitsergebnissen. Bis dato hatte er stets als Motor und Motivator, als effektive Führungskraft gegolten. Das galt plötzlich nichts mehr. Im Gegenteil: Man ließ kein gutes Haar an seinen Leistungen. Noch Monate nach seinem Ausscheiden verbreitete sein Nachfolger „bad news“ über ihn und „die verheerenden Altlasten, die ich erst mal aufräumen musste“. Nichts riecht so süß, wie die Leichen im Keller des Vorgängers.

Ein anderer Fall, ein anderer Tatort:

Jung-Manager X, mit Ehrgeiz, Hartnäckigkeit und ungebändigtem Vorwärtsdrang an seiner Karriere bastelnd, wird von seinem Arbeitgeber im Rahmen der Nachwuchsförderung systematisch aufgebaut. Seminare hier, Trainings dort. Besuch der firmeneigenen Management-Akademie. Personalentwicklung für zig-Tausende Euro. Es folgen zwei interne Job-Angebote seines Arbeitgebers: Niederlassungsleiter einer kleinen Filiale oder stellvertretender Niederlassungsleiter eines großen Betriebes. Beide lehnt er ab: „Unter meinem Niveau“. Weitere Offerten liegen z. Zt. nicht vor. Die Personalabteilung bittet um Geduld. Doch X hat kein Verständnis, dokumentiert seine Unzufriedenheit lautstark im Kollegenkreis, lästert über die Unfähigkeit der Heeresleitung und – bewirbt sich aktiv am freien Markt. Damit nicht genug. Nachdem er einen neuen Job gefunden hat, feiert er bis zu seinem Austritt beim alten Arbeitgeber wiederholt krank, reißt sich noch schnell die aktuellsten Kundendaten unter den Nagel, bevor er Job und Arbeitsplatz mit fliegenden Fahnen im Stich lässt. All das natürlich nicht, ohne überall zu verbreiten, was das doch für ein „schwerfälliger Sch….laden war“ und dass er „froh ist, da ‘raus zu sein“.

Nur zwei Fälle von vielen aus dem alltäglichen Wahnsinn in den Unternehmen. Man fragt sich, warum es unter erwachsenen Menschen nicht möglich sein soll, eine Trennung emotionslos und sauber über die Bühne zu ziehen. Zugegeben, Scheidungsanwälte lächeln über so viel Naivität. Dennoch sollten wir nicht glauben, dass Vorwürfe und üble Nachrede bei Kündigungen zum Alltag gehören müssen, wie Sahne zum Kaffee.

Da erleben wir Unternehmer, die wie Berserker reagieren, weil ein Mitarbeiter sich erfrecht, selbst den Dienst zu quittieren („hier hat niemand außer mir das Recht zu kündigen“). Man begegnet Karrieristinnen, die wegen einer verweigerten Beförderung ihren Vorgesetzten der sexuellen Belästigung oder des Alkoholismus bezichtigen u.v.m. All das mag diese Zeitgenossen wenig kümmern. Doch die andere Seite der Medaille sollte sie schon interessieren: Unternehmen signalisieren mit dem Stil der Verabschiedung von Mitarbeitern ein Stück Betriebskultur. Und die wirkt nach innen und nach außen in den Personalmarkt. Fairness und Fingerspitzengefühl in Exit-Gesprächen und Trennungsverhandlungen sind nicht zuletzt eine Chance für das Employer Branding.

Wer sich als Führungskraft mit Indiskretion, Arroganz, Trotz oder verdrehten Tatsachen einen üblen Abgang verschafft, muss zwei Dinge berücksichtigen: Erstens, er entscheidet damit, auf welches Niveau er sich herablässt und wie andere in Zukunft über ihn denken. Sein nächster Arbeitgeber oder dessen Personalberater könnte ja vielleicht Referenzen prüfen. Und zweitens ist die Welt ein Dorf. Es hat sich schon mancher gewundert, wie schnell man Leute wiedertrifft, bei denen man sich mal danebenbenommen hat.

Für beide Parteien gilt ein einfacher Grundsatz: Wer bei der Trennung versucht, sein Gegenüber zu demontieren, der schadet am meisten seinem eigenen Ruf. Und das spricht sich schnell herum. Schmutzige Wäsche waschen passt nicht zu einem Abschied mit Anstand. Wer dagegen dieser Versuchung widersteht, zeigt wahre Größe.

Kündigung: Abschied mit Anstand

Das könnte dir auch gefallen